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Hiob Ludolf und Johann Michael Wansleben

Orientalistik, Politik und Geschichte zwischen Gotha und Afrika (1650-1700)

Internationale Konferenz am Forschungszentrum Gotha, 11. – 13. Mai 2015


Organisiert von Martin Mulsow, Asaph Ben-Tov and Jan Loop

Hiob Ludolf (1624-1704), Sproß einer Erfurter Ratsfamilie, gilt als Begründer der Äthiopistik, ist aber auch ein Gelehrter mit breitem, polyhistorischen Profil gewesen: als Orientalist, als Historiker, als Gothaer Hofbeamter und Diplomat, schließlich als Betreuer der Kunstkammer, Propagator von Lotterieeinnahmen oder Editor von mittelalterlichen Urkunden. Um 1700 war er neben Leibniz einer der ganz großen deutschen Gelehrten von europäischem Rang. Bisher existieren nur Einzelstudien zu ihm; noch nie wurden seine Aktivitäten in ihrer Gesamtheit und in ihren zeitgenössischen Kontexten untersucht. Dazu ist es auch nötig, Ludolfs Schüler Johann Michael Wansleben (1635-1679) in das Bild miteinzubeziehen. Wansleben sollte ausführen, was Ludolf nur vom Schreibtisch aus vorbereiten konnte: eine Expedition nach Äthiopien, um dort eine Allianz mit dem Priesterkönig Johannes gegen das Osmanische Reich zu schmieden. Doch die Expedition kam nur bis Ägypten, Wansleben wurde zum Erforscher der koptischen Kultur und kaufte, von Gotha abgefallen, im Dienst des französischen Königs Manuskripte, die heute den Grundstock der Orientalia in der Bibliothèque Nationale bilden.

Die Konferenz fragt nach den komplexen Zusammenhängen all dieser Geschehnisse: Nach den Zusammenhängen von Gelehrsamkeit und Politik, von Äthiopistik und christlicher Konfession, von Globalgeschichte und Mittelalterforschung, von Expedition und Kontrolle, von afrikanischen und deutschen Interessen, von philologischen Praktiken und der Zirkulation von Texten, von Prestige, Freundschaften und gelehrter Konkurrenz.
Durch Ludolfs Sohn wurde der größte Teil des Nachlasses vernichtet. Dennoch bleiben etwa 800 bisher kaum ausgewertete Briefe, zahlreiche Manuskripte und Dossiers in den Bibliotheken Gothas, Frankfurts und anderer Orte. Die Referenten sind angehalten, vor allem auch dieses unbekannte Material zu berücksichtigen und zu bearbeiten.


Die zweieinhalbtägige Konferenz wird finanziert durch das HERA-Projekt. Angestrebt ist auch eine Unterstützung durch die Städte Gotha und Erfurt. Ein Teil der Veranstaltungen wird in Ludolfs Geburtshaus am Domplatz in Erfurt stattfinden; eine Zeremonie ist auch am Wohnhaus Ludolfs am Hauptmarkt in Gotha geplant.

Ein ausführlicher Tagungsbericht von Stefan Hanß (FU Berlin) und Robert Heindl (Gotha) findet sich hier.

 

Programm

Montag 11. Mai

13:00-13:30: Begrüßung

13:30-14:00 Einführung

Asaph Ben-Tov: Notes on Ethiopian studies before Ludolf.
Martin Mulsow: Ludolfs Werdegang in der Gelehrtenrepublik anhand seines Stammbuchs.

14:00-14:30 Kaffeepause

14:30-16:00 Ludolf als gelehrter Politiker und Hofbeamter

Holger Kürbis: Ludolf als Gothaer Hofbeamter.
Alexander Schunka: Ludolf, Äthiopien und die Irenik des späten 17. Jh.

16:00-16:30 Kaffeepause

16:30-17:15 Ludolf über die äthiopische Kirche

Jan Loop: Ludolf on the “Jewish rituals” of the Ethiopian Church.

17:15-18:00 Wansleben und Äthiopien

Alessandro Bausi: The contribution of Johann Michael Wansleben to Ethiopian studies.

18:30 Keynote Lecture

Alastair Hamilton: Johann Michael Wansleben als Archäologe

 

Dienstag 12. Mai

9:00-10:30 Wansleben als politischer Denker

Gaby Mahlberg: Wansleben, the Harrington Manuscript, and English Republicanism
Thérèse-Marie Jallais: Wansleben’s political confession of a Catholic faith.

10:30-11:00 Kaffeepause

11:00-12:30 Ludolf als Historiker

Sabine Schmolinsky: Ludolf und das Collegium historicum imperiale.
Markus Meumann: Ludolfs Allgemeine Schau-Bühne der Welt.

12:30-14:00 Mittagspause

14:00-15:30 Ludolf und seine äthiopischen Lehrer

Wolbert Smidt: Äthiopische Gelehrte und ihre Kontakte zu Europa.
Jürgen Tubach: Ludolf und Abba Gorgoryos.

15:30-16:00 Kaffeepause

16:00-16:45 Ludolf über die Altgeschichte Äthiopiens

[Norbert Nebes: Ludolf über äthiopische Geschichte der Spätantike]

16:45-17:30 Ludolf und der Bilbelantiquarianismus

Ulrich Groetsch: Quails or locusts? What the Israelites ate when they were saved in the desert.

18:35 Zug nach Erfurt

19:30 Zur Hohen Lilie (Erfurt) Keynote lecture und Abendessen

Scott Mandelbrote: Hiob Ludolf and Johann Michael Wansleben and the evidence for biblical religion and early Christianity.

 

Mittwoch 13. Mai

9:00-10:30 Ludolf in der Gelehrtenrepublik

Martin Mulsow: Unter Polyhistoren: Ludolfs Briefwechsel mit Wilhelm Ernst Tentzel
Toon van Hal: Ludolf and Leibniz on the notion that ‘languages can write (pre)history’.

10:30-11:00 Kaffeepause

11:00-12:30 Ludolf und die Naturgeschichte

Bernd Roling: Einhörner und Geranomachien: Ludolfs Wirkung auf die phantastische Zoologie seiner Zeit.
Asaph Ben-Tov: Ludolf observing locusts: antiquarianism and scientific observation.

 

 

Hiob Ludolf (1624 - 1704)